Magazin · Tierschutz aktiv · 23. Mai 2025
· 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert am 02. Juni 2025
Vom Kindheitstraum zur Berufung – zwei Schwestern kämpfen für Giurgius Straßenhunde
Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester steht Tierschützerin Ioana an vorderster Front in ihrem Heimatland Rumänien. Das hat sie am Wochenende erneut bewiesen: Die Geschwister traten sofort in Aktion, um rund 70 Hunde aus dem Shelter Cornetu vorm Tod zu retten. Aufgeben ist für Ruxandra und Ioana keine Option.

Zwei Schwestern, die nicht aufgeben: Ioana und Ruxandra Nastase von AriPaws in Giurgiu. Foto: VETO
Ein menschengemachtes Problem und das Versagen der Regierung
„Die Behörden wollen nicht, dass diese Situation endet. Das ist es, was wir denken – was wir alle denken.“
Ioana Nastase, AriPaws
Eine harte Aussage, mit der uns Ioana begrüßt. Aber ein Statement, das die Wahrheit trifft. Die Lage der Straßentiere in Rumänien hat uns erschüttert (VETO berichtete).
Natürlich hatten wir zuvor darüber gelesen. Die Realität im Land mit eigenen Augen zu bezeugen, ist jedoch kein Vergleich. Eine Realität, mit der Ioana seit Jahrzehnten ringt: „Seit unserer Kindheit ist die Situation der Hunde sehr schlecht. Wir versuchen, so viele Tiere wie möglich zu kastrieren und zu vermitteln. Wir retten viele Hunde aus öffentlichen Tierheimen.“ Ein Kampf, der sie ans Limit ihrer Kräfte bringt, da es keine Aussicht auf ein Ende gibt:
„Wir alle, alle Rettungskräfte hier, kämpfen darum, deswegen nicht verrückt zu werden.“
Ioana Nastase
Das Problem ist laut Ioana, dass die Behörden, wie in den meisten Ländern, ihrer Verantwortung nicht nachkommen und keinen echten Beitrag leisten. Ein Kritikpunkt, den wir nicht zum ersten Mal hören: „Wir haben immer Schwierigkeiten, von ihnen Hilfe zu bekommen,“ verurteilt die Rumänin.
Desinteresse der Bevölkerung
Auch das Bewusstsein der Bevölkerung verändert sich nur langsam. Viele vernachlässigen ihre Hunde und hinterlassen sie in einer qualvollen Verfassung, in der sie Ioana und ihr Team finden und wieder aufpäppeln: „Die schweren Fälle, die wir aufnehmen, sind in einem sehr schlechten Zustand oder leiden unter ihren Besitzern, denen es egal ist.“
Die mentale Belastung und Hilflosigkeit sind für Ioana und ihr Team, das den Konsequenzen dieses Verhaltens täglich ausgesetzt ist, enorm:
„Das ist das schlimmste Gefühl für uns. Es ist schlimm, das dein Leben lang zu sehen. Es macht mich wirklich traurig, was wir hier jeden Tag erleben und spüren.“
Ioana Nastase

Ioana Nastaste: „Wir haben Hunde gesehen, die von Zügen erfasst oder von Autos angefahren wurden, die aufgeschlitzt wurden, sodass sie keine Beine mehr hatten.“ Foto: VETO
Zwei Schwestern im Kampf gegen das unermessliche Leid
Für Ioana und Ruxandra ist die Gefühlskälte und Ignoranz ihrer Landsleute undenkbar. Schon als Jugendliche haben die jungen Tierschützerinnen, inspiriert von ihrer Tante, gemeinsam Hunde von der Straße gerettet und in lokale Tierkliniken gebracht. Eine Leidenschaft, die sie beide zur Gründung von AriPaws (A = Adăpost (rumänisch für Tierheim), R = Ruxi, I = Ioana) und nach ihrem Schulabschluss zum Studium der Tiermedizin geführt hat.
Dieses Jahr werden die Schwestern nach zwölf Semestern fertig mit dem Studium und dürfen sich offiziell Tierärztinnen nennen. Inoffiziell verarzten die beiden seit Jahren die Straßenhunde in ihrem Land und haben schon Hunderten das Leben gerettet: „Ich habe immer davon geträumt, ein Tierheim zu eröffnen und so vielen Hunden wie möglich zu helfen,“ bestätigt Ioana.

Die Kompetenz und Einsatzbereitschaft von Ioana und Ruxandra hat das VETO-Team in Giurgiu live erlebt. Foto: VETO
Die beiden sind in Rumänien jedoch eine Ausnahme mit ihrem unermüdlichen Einsatz und brauchen deshalb dringend Support: „Wir tun, was wir können, aber wir brauchen Hilfe bei Kastrationen oder Menschen, die herkommen, um Hunde zu adoptieren und sich die Situation in Rumänien anzuschauen. Wenn man es am eigenen Leib spürt, ist es immer einfacher zu verstehen, was wir hier jeden Tag erleben und spüren. Kommt und schaut es euch mit eigenen Augen an!“
Das haben wir gemacht und nicht nur die Unmenge an kranken oder toten Welpen, die wir in Giurgiu gefunden haben, hat das gesamte VETO-Team schockiert:
„Wer das Leid in Giurgiu mit eigenen Augen gesehen hat, vergisst es nie. Uns ist klar, dass sie ohne Hilfe keine Chance haben, zu überleben.“
Sarah Schonert, VETO

„Wer das Leid in Giurgiu mit eigenen Augen gesehen hat, vergisst es nie." Foto: VETO
Ioana und ihr Team müssen aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten viele Hunde auf den Straßen zurücklassen, auch wenn der Tod ihnen sicher ist – ein Alptraum für jeden Tierschützenden: „In unserem Tierheim benötigen die meisten von ihnen medizinische Versorgung, wenn sie hier ankommen. Solange sie auf der Straße eine Chance haben, nehmen wir diese Hunde nicht auf. Wir bemühen uns, denjenigen, die wirklich Hilfe brauchen, so gut wie möglich zu helfen. Aber wir können sie nicht alle retten. Wir wissen das, und deswegen können wir nachts kaum schlafen. Aber wir versuchen, so viele wie möglich zu retten.“
Hoffnung dank Aufklärung und Kastration
Ionas Landsleute zur Veränderung zu bewegen, ist ein zäher Prozess: „Wir versuchen, mit den Menschen zu sprechen, und seit ein paar Jahren – vielleicht seit zwei oder drei Jahren – verbessert sich die Situation. Die Menschen versuchen wirklich, ihre Hunde zu kastrieren.“
Mit der zunehmenden Aufklärung entsteht jedoch ein neues Problem – die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot: „Sie brauchen mehr Kastrationsaktionsangebote, aber sie kommen gerne. Wir sind immer ausgebucht, wenn wir eine Kastrationsaktion durchführen und sehen seit zwei bis drei Jahren eine leichte Verbesserung.“
Ein kleiner Hoffnungsschimmer in Ioanas jahrelangen Anstrengungen für den Tierschutz in ihrem Heimatland. „Die Situation ist trotzdem noch sehr schlimm. Wir finden sehr viele Welpen, die überfahren wurden oder einfach irgendwo auf dem Feld liegen, ohne ihre Mutter und ohne Futter. Und die Menschen kümmern sich nicht um sie, sie gehen einfach an ihnen vorbei und sagen nichts. Sie tun nichts, um ihnen zu helfen. Die Welpen sind immer in schlechtem Zustand.“

Kastrationen sind das Wichtigste. Hierfür wird bei AriPaws viel Unterstützung gebraucht. Foto: VETO
Zwei Schwestern und ein gemeinsamer Traum
Den Hunden in Ioanas Shelter geht es sehr gut. Das konnten wir bei unserem Besuch im April bezeugen. Nahezu alle Hunde sind zutraulich und werden liebevoll von ihrem kleinen Team versorgt.
Bislang hat ihr Tierheim Platz für 120 Hunde. Um mehr Platz zu schaffen und die Hunde besser versorgen zu können, soll noch dieses Jahr mit Hilfe der VETO-Community der Bau ihres eigenen Tierheims in Mihăilești im Kreis Giurgiu beginnen, damit sie Kapazitäten für echte, nachhaltige Arbeit hat und keine Hunde mehr auf der Straße zurücklassen muss.
Dies ist momentan noch nicht möglich: „Wir haben in Giurgiu große Probleme mit Staupe. Wir finden ständig Hunde, die Staupe haben und auf der Straße leben. Sie befinden sich in der nervösen Phase, eigentlich in der Endphase. Wir können ihnen nicht wirklich helfen, weil es keine Kliniken gibt, in die wir Hunde mit Staupe bringen können. Die Kliniken nehmen diese Hunde nicht auf.“ Eine große Herausforderung für Iona: Ohne Platz für eine professionelle Quarantänestation kann sie keine erkrankten Hunde aufnehmen. Die Ansteckungsgefahr ist zu hoch und es würden noch mehr Tiere in Mitleidenschaft gezogen.

Viele Hunde muss Ioana zum Sterben zurücklassen, weil ihr eine gut ausgebaute Tierklinik fehlt. Foto: VETO
In ihrem neuen Tierheim soll es aus diesem Grund einen gut ausgebauten Quarantänebereich für Staupe und Parvo geben. Beide Krankheiten sind in den letzten Monaten verstärkt aufgetreten und haben zum qualvollen Tod vieler Hunde geführt – auch aufgrund fehlender Quarantänemöglichkeiten. Zudem sind moderne Zwinger geplant und, am wichtigsten, eine Tierklinik, um eine erweiterte medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Das Grundstück für das neue Tierheim ist gekauft – jetzt brauchen Ioana und Ruxandra deine Unterstützung, damit es vorangeht und sie endlich ihren Kindheitstraum verwirklichen können: Einen Ort in ihrer Heimat zu schaffen, an dem alle Hunde sicher sind, versorgt und gepflegt werden, mit genug Kapazität, um keinen Hund mehr zurücklassen zu müssen.
Last Minute-Rettung von 70 Hunden in Cornetu – warum AriPaws jetzt dringend Hilfe benötigt!
Durch die in letzter Minute nötig gewordene Rettung von rund 70 Hunden in Cornetu am vergangenen Wochenende ist der Tierheimbau für AriPaws noch dringlicher geworden: Ioana trat sofort in Aktion, um die Tiere vorm Tod zu bewahren. Das Shelter Cornetu, in der Nähe von Giurgiu, sollte nach dem Versterben des Besitzers von der Stadt übernommen werden, um saniert zu werden. Unter einer Bedingung: Ohne Hunde.
Das bedeutet: Die Tiere brauchen sofort eine neue Unterkunft oder werden getötet.
Die Hunde sind bereits in einem kritischen Zustand und haben die letzten Monate ausschließlich dank einer VETO-Futterspende von 12 Paletten und dem ausdauernden Einsatz von Hope for Catas Strays überlebt. Jetzt gilt es, die Hunde vor der Frist am 8. Juni umzusiedeln. Dazu braucht es Manpower: Es müssen Transporte organisiert werden, zusätzliche Unterkünfte gebaut werden und es braucht Pflege und Futter für die Tiere.

Ioana war sofort im Einsatz, um die Hunde aus dem Shelter in Cornetu zu retten. Foto: VETO
Diese Woche ist VETO zusätzlich vor Ort in Cornetu, um Ioana und Ruxandra bei Umsiedlung der Hunde in ein Provisorium auf ihrem Grundstück zu helfen. Dank der bisherigen Spenden der VETO-Community baut AriPaws bereits provisorische Unterkünfte in Giurgiu, damit die Hunde erst einmal sicher untergebracht sind.
Es bleiben nur noch wenige Tage bis zur Räumungsfrist am 8. Juni. Schnelles Handeln ist gefragt und jede Unterstützung zählt! Es sind Tierschützende wie Ioana und Ruxandra, die wir brauchen, um einen sichtbaren Unterschied zu machen. Hilf jetzt mit – gemeinsam retten wir Leben.

„Diese Hunde haben keine Schuld daran, in Rumänien geboren zu sein.“ Foto: VETO
„Ich wünsche mir, dass es eines Tages überhaupt keine Hunde mehr auf den Straßen gibt.“
Ioana Nastase, AriPaws
Wünschen wir uns das nicht alle? Hilf uns, dieser Vision ein Stück näherzukommen. Wir von VETO können uns keine besseren Menschen als Ioana und Ruxandra vorstellen, um einen umfassenden und langfristigen Beitrag für Rumäniens Straßenhunde zu leisten und umzusetzen.
Gegenwärtig braucht AriPaws dringend Futter und Mittel für die Pflege und Versorgung der 70 zusätzlichen Hunde. Langfristig wollen wir Unterstützung gewährleisten für Kastrationen, medizinische Versorgung und die liebevolle und professionelle Hilfe von Ioana und Ruxandra.