Magazin · Erfolge und Happy Ends · 19. Dezember 2023 · 5 Min. Lesezeit
Von der Tötungsstation aufs Sofa
Hündin Scarlett ist heute glücklich! Sie genießt es, im Garten zu schnüffeln und sich von ihrer Familie streicheln zu lassen. Besonders gerne liegt die Hunde-Seniorin auf dem Sofa und fordert liebevoll ihre Streicheleinheiten ein. Klingt nach einem normalen Hunde-Dasein? Den Großteil ihres Lebens hat Scarlett ganz anders verbracht.
Wenige Quadratmeter und keine Zuneigung: Scarlett leidet in der Tötungsstation in Rumänien. Foto: VETO
Der Tag beginnt wie jeder andere: Hündin Scarlett kriecht aus ihrer maroden Hütte. Die Nacht war sehr kalt, was besonders für ältere Tiere wie Scarlett gefährlich sein kann. Zum Glück trägt die Hündin ein dichtes Fell, das sie ausreichend schützt. Etwa vier Schritte kann sie laufen bis sie die Gitterstäbe erreicht, die ihren winzigen Zwinger begrenzen. Um sie herum ist lautes Bellen zu hören.
Etwa 130 Hunde sind genau wie Scarlett hier in der rumänischen Stadt Alba Iulia eingesperrt. Manche Tiere springen an den Gittern hoch, sie wirken nervös und teilweise panisch. Anderen ist ihre riesige Angst anzusehen, die dieser Ort in ihnen hervorruft: Mit eingezogenem Schwanz verkriechen sich diese Hunde in die hinterste Ecke ihrer Hütte und drücken ihren Kopf gegen die Wand.
Wir befinden uns in einer Tötungsstation, von denen es in Rumänien viele gibt. Ehemalige Straßenhunde oder abgegebene Vierbeiner werden hier unter widrigen Haltungsbedingungen zusammengepfercht. Scarlett und die anderen Hunde haben Glück: Für gewöhnlich werden die Tiere nach Ablauf einer kurzen Frist einfach umgebracht.
Die Besonderheit an dieser Tötungsstation ist, dass der deutsche Tierschutzverein Arche Noah Transilvania eine Vereinbarung mit der Stadt aushandeln konnte, die besagt, dass kein Tier getötet wird, solange der Verein für die Versorgung der Hunde aufkommt und regelmäßig Tiere aus der Tötungsstation ins Tierheim übernimmt. Futterspenden aus verlässlichen Futterpatenschaften tragen maßgeblich dazu bei, dass der Tierschutzverein diese Mammutaufgabe bewältigen kann.
Was Scarlett nicht weiß: Heute verlässt sie diesen leidvollen Ort und startet in ein neues, glückliches Leben.
Scarletts Geschichte
Seit über zwei Jahren lebt die Hündin bereits in ihrem Zwinger in der Tötungsstation in Alba Iulia. Mit zehn Jahren gehört sie zu den älteren Hunden hier, für die die nicht artgerechten Bedingungen besonders hart sind. Zuvor hatte die schöne Mischlingshündin ein Zuhause. Als ihr Halter jedoch verstarb, wurde sie von der Familie einfach in der Tötungsstation abgegeben. Hier fristet sie ein trauriges und stresserfülltes Dasein, das leider längst Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat: Scarlett hat Epilepsie entwickelt.
Bettina Hüttemann, Leiterin des Tierheims im benachbarten Ort Vințu de Jos, besucht die Tötungsstation einmal in der Woche. Gemeinsam mit freiwilligen Helfer:innen versorgt sie die eingesperrten Hunde mit Leckerlis und Streicheleinheiten und geht meist auch mit einigen Hunden spazieren, damit sie der Enge ihres Zwingers zumindest kurz entkommen können. Sobald Hunde aus ihrem privaten Tierheim in ein neues Zuhause vermittelt werden, nimmt Bettina Hunde aus der Tötungsstation bei sich auf. Heute – nach zwei langen Jahren in der Tötungsstation – ist Scarlett an der Reihe.
Bekommt Scarlett ihre Chance?
Die Aufnahme von Tieren wie Scarlett bedeutet für Bettina Hüttemann immer ein enormes Risiko. Ältere und groß gewachsene Hunde sind generell schwer vermittelbar. Scarletts Krankheit erschwert die Suche nach einem neuen Zuhause zusätzlich. Es ist gut möglich, dass Scarlett den Rest ihres Lebens im Tierheim verbringen wird.
In der Obhut von Bettina Hüttemann und dem Team von Arche Noah Transilvania e. V. blüht Scarlett rasch auf. Die Hunde-Seniorin genießt ihre neuen Freiheiten und zeigt sich Mensch und Tier gegenüber aufgeschlossen, freundlich und liebenswert. Doch wird Scarlett auch ein neues Zuhause finden können?
Epilepsie bei Hunden
Vierbeiner mit Epilepsie können mit den passenden Medikamenten ein langes und glückliches Leben führen. Seriöse Tierschutzvereine beraten Adoptant:innen vor der Aufnahme eines kranken Hundes.
Sofa statt Tötungsstation
Wie erwartet werden kaum Anfragen zu Scarlett beim Verein gestellt. Aufgrund ihres Alters und ihrer Erkrankung ist sie für viele Menschen als Haustier nicht interessant. Eines Tages jedoch meldet sich eine Familie, die schon zuvor einen Hund mit Epilepsie aufgenommen hatte. Dieser war nun leider verstorben und ein neues vierbeiniges Familienmitglied darf einziehen.
Nach zwei leidvollen Jahren in einer rumänischen Tötungsstation und einigen Monaten im Tierheim von Bettina Hüttemann darf Scarlett die Reise nach Deutschland antreten. Der Transport ist beschwerlich für die ältere Hündin, doch sie wird nach einer langen Fahrt belohnt: In ihrem Für-Immer-Zuhause darf sie endlich ankommen und ihr Hundeleben genießen.
Hunderettung möglich machen
Der Tierschutzverein Arche Noah Transilvania rettet regelmäßig Hunde aus der Tötungsstation und versorgt die dort verbleibenden Tiere sowie alle Tiere im Tierheim mit nahrhaftem Futter und medizinischen Behandlungen. Um diese Tierschutzarbeit leisten zu können, ist die Organisation – genau wie viele andere Tierschutzorganisationen in Europa – auf Spenden angewiesen.
Regelmäßige Futterspenden, zum Beispiel über eine VETO-Futterpatenschaft, bewirken, dass Happy Ends wie das von Scarlett möglich sind. Wir von VETO haben dank verlässlicher Futterpatenschaften die Möglichkeit, Tierschutzvereine auch außerhalb von Spendenaktionen mit Futter zu unterstützen und die Spenden genau dort einzusetzen, wo sie dringend benötigt werden.
Jeder Hund hat das Recht auf ein artgerechtes Leben in einem liebevollen Zuhause. Dank regelmäßiger Spenden finden auch Tiere wie Scarlett ihr Happy End. Foto: Arche Noah Transilvania e. V.