Magazin · Tierschutz aktiv · 21.02.2022 · 5 Min. Lesezeit
Neues Tierschutzgesetz in Spanien geplant: Sind Galgos nun geschützt?
Ein neuer Gesetzesentwurf für ein nationales Tierschutzgesetz in Spanien macht aktuell große Hoffnung. Ob auch Galgos und andere spanische Jagdhunde damit in Zukunft rechtlich geschützt sind, erfährst du hier.

In Spanien werden Galgos und andere Hunderassen für die Jagd missbraucht. Die Abrichtung, Haltung und der Umgang mit den Tieren ist oftmals grausam. Foto: VETO
Seit dem 5. Januar 2022 sind Tiere in Spanien aufgrund einer dreifachen Gesetzesreform keine Objekte mehr, sondern juristisch als vollwertige Familienmitglieder zu behandeln. Die Änderung des Zivilrechts, des Hypothekengesetzes sowie des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde von Unidas Podemos (dem linksalternativen Koalitionspartner der aktuellen sozialistischen Regierung) angestoßen und regelt unter anderem, dass Tiere nicht ausgesetzt, misshandelt, verpfändet, vererbt oder von ihren Besitzer:innen getrennt werden dürfen.
Für viele Tierfreund:innen schien es naheliegend, dass damit auch die spanischen Jagdhunde geschützt sind und rechtlich als fühlende Wesen gelten. Doch das Gesetz gilt lediglich für Haustiere, nicht für Gebrauchstiere.
Erster Schritt zu nationalem Tierschutzgesetz
Doch Hoffnung besteht weiterhin. Die Reform ist Teil eines Vorentwurfes zu einem einheitlichen nationalen Tierschutzgesetz vom Sozialministerium. Bisher ist es in Spanien so geregelt, dass die 17 autonomen Gemeinschaften eigene Regierungsgesetze haben und somit unterschiedliche Regelungen, auch in Bezug auf Tierschutz, gelten. Im Beisein von unter anderem 50 Tierschutzorganisationen wurde der Entwurf vorgestellt.
Diese und weitere Änderungen sieht das Gesetz vor:
- Verbot der Hobbyzucht
- Verbot der Tötung ohne medizinische Indiktation
- Abschaffung der Rasseliste
- Ende des Verkaufs von Haustieren in Geschäften
- Hundeführerschein-Pflicht
- Einführung einer nationalen Datenbank zur Registrierung von Haustieren
Dies würde zumindest auf dem Papier einen größeren Schutz für Hunde und Katzen im Allgemeinen bedeuten.
Grund zum Aufatmen
Das Besondere an dem Gesetzesentwurf ist nicht nur die Vereinheitlichung für ganz Spanien, sondern die Änderungen, die vor allem Jagdhunden wie Galgos und Podencos einen nie dagewesenen Schutz einräumen würden. Denn der Gesetzesentwurf unterscheidet nicht zwischen Haustieren und Jagdhunden, so wie es bisher innerhalb vieler autonomer Gemeinschaften in Spanien gehandhabt wurde.
Das würde bedeuten, dass unter anderem das Aussetzen der Hunde, das unkontrollierte Züchten, das Abrichten am Auto und das Halten von mehr als fünf Tieren verboten oder zumindest unter strengere Auflagen gestellt würde. Die Jagd selbst verbietet das Gesetz zwar nicht, aber dennoch ist der Entwurf ein wichtiges Zeichen.
Ein erster Schritt wurde am 18. Februar 2022 bereits gemacht. Der Vorentwurf wurde vom Ministerrat angenommen.

Die spanischen Jäger (Galgueros) halten in der Regel mehrere Hunde. Foto: Shutterstock
Einwände der Jagdlobby
Dem spanischen Ministerrat sollte der Gesetzesentwurf schon lange vorgelegt werden, doch heftiger Gegenwind aus anderen Parteien und Ministerien verzögerte den Prozess. Das Ministerium für Landwirtschaft will Jagdhunde aus dem geplanten nationalen Tierschutzgesetz ausschließen und weiterhin als Gebrauchstiere einstufen. Die Jäger und Befürworter:innen betreiben massiv Lobbyarbeit, um das Gesetz zu kippen.
Mit einer eigenen Strategie und speziellen Vorschriften für Jagdhunde wollen sie die so wichtigen Veränderungen verhindern. Gründe für eine Sonderbehandlung sind aus ihrer Sicht, dass die Jagd ein kulturelles Erbe sei, Jäger die Schützer des ökologischen Gleichgewichts seien, die Jagd 190.000 Arbeitsplätze schaffe und 6,5 Millionen Euro erwirtschafte. Der Landwirtschaftsminister betont, dass die Jagd nicht nur eine produktive Aktivität ist, sondern auch der Sport mit den meisten Verbänden nach Fußball und Basketball.
+++ Update: 22.03.2022 +++
Die nationale Strategie zum nachhaltigen Jagdmanagement wurde am 07. März 2022 von der Regierung und den autonomen Gemeinschaften einstimmig verabschiedet – trotz öffentlicher Konsultation und der Einreichung zahlreicher Gegenargumente von Bürger:innen und Tierschutzorganisationen wie der spanischen Plataforma NAC (No a la caza). Diese Strategie ist kein Gesetz, aber ein Leitfaden für alle Verwaltungen in Spanien.
Ihre Macht hat die Jagdlobby zudem am 20. März 2022 gezeigt. Mehr als 150.000 Jäger und Landwirte versammelten sich in Madrid, um für die Jagd einzustehen und gegen das neugeplante Tierschutzgesetz zu demonstrieren, denn dieses würde den ländlichen Raum angreifen. Die Jagdverbände haben viel Geld ausgegeben, um so viele Menschen wie möglich zur Demonstration zu bringen.
Ein weiterer Dämpfer sind Neuigkeiten der spanischen Partei PACMA, die vor wenigen Wochen publik machte, dass ihnen eine neue Version des Gesetzesentwurfes des nationalen Tierschutzgesetzes zugespielt wurde. Diese Version enthält nun einen zusätzlichen Abschnitt mit dem Titel „Hunde, die bei Tätigkeiten im ländlichen Raum eingesetzt werden“. Der Gesetzesentwurf wird in den nächsten Monaten noch einige Schritte durchlaufen, sodass weitere Veränderungen zum Nachteil der Jagdhunde noch möglich sind.
Wie geht es nun weiter?
In Spanien tut sich etwas. Und das begrüßen wir! Politiker:innen haben die Stimmen von zahlreichen Tierschutzorganisationen, Tierschützer:innen und Petent:innen wahrgenommen und bei der Entwicklung des Gesetzesentwurfes berücksichtigt.
Aber es ist und bleibt ein kleiner Schritt – vor allem für die Jagdhunde, denn ein Verbot der Jagd mit Rassen wie Galgos bringt auch das neue Gesetz nicht. Und bis jetzt ist noch nichts final verabschiedet. Der Gesetzesentwurf muss noch durch einige Instanzen geprüft und gebilligt werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die spanische Jagdlobby ihre Macht erfolgreich zum Einsatz bringt und entsprechende Änderungen im Gesetzesentwurf erwirkt.
Die Jagd wird mit dem Aufrechterhalten des natürlichen Gleichgewichts gerechtfertigt und gleichzeitig mit beliebten Sportarten wie Fußball und Basketball verglichen. Zu jagende Tiere wie Hasen werden extra für die Jagd gezüchtet. Dies zeigt, dass die Jagd für viele reines Vergnügen ist, eine sportliche Aktivität, bei der es für viele vorrangig um Profit, Prestige und Erfolg geht – oft auf Kosten der Tiere.
Aus unserer Sicht sollten Jagdhunde, wie der Gesetzesentwurf es vorsieht, rechtlich wie Haustiere behandelt werden. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik nun entscheidet und wie streng die Durchsetzung des Gesetzes schlussendlich verfolgt wird.
Das kannst du tun
Die Entwicklung in Spanien zeigt, dass jede Form des Lautwerdens wichtig ist und auch wenn es manchmal schwer fällt, Aufgeben keine Option ist. Kläre dein Umfeld auf über die Situation der Galgos und anderer Jagdhunde, nimm an Demonstrationen teil wie dem jährlichen Galgo-Marsch in Köln oder dem Protest vor der spanischen Botschaft in Berlin am 26. März 2022 – Treffpunkt 13 Uhr am Brandenburger Tor, unterzeichne Petitionen und schenke den Tierschützer:innen in Spanien deine solidarische Unterstützung. Der öffentliche Druck aus Europa, aus der ganzen Welt, kann den Unterschied für die spanischen Jagdhunde bedeuten!