Magazin · Tierschutz aktiv · 21.02.2022
· 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert am 29.09.2023
Neues Tierschutzgesetz in Spanien geplant: Sind Galgos nun geschützt?
Ein neuer Gesetzesentwurf für ein nationales Tierschutzgesetz in Spanien machte für einige Zeit große Hoffnung. Ob auch Galgos und andere spanische Jagdhunde damit in Zukunft rechtlich geschützt sind, erfährst du hier.
In Spanien werden Galgos und andere Hunderassen für die Jagd missbraucht. Die Abrichtung, Haltung und der Umgang mit den Tieren ist oftmals grausam. Foto: VETO
Seit dem 5. Januar 2022 sind Tiere in Spanien aufgrund einer dreifachen Gesetzesreform keine Objekte mehr, sondern juristisch als vollwertige Familienmitglieder zu behandeln. Die Änderung des Zivilrechts, des Hypothekengesetzes sowie des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde von Unidas Podemos (dem linksalternativen Koalitionspartner der aktuellen sozialistischen Regierung) angestoßen und regelt unter anderem, dass Tiere nicht ausgesetzt, misshandelt, verpfändet, vererbt oder von ihren Besitzer:innen getrennt werden dürfen.
Für viele Tierfreund:innen schien es naheliegend, dass damit auch die spanischen Jagdhunde geschützt sind und rechtlich als fühlende Wesen gelten. Aber die Gesetzesreform gilt lediglich für Haustiere, nicht für Gebrauchstiere.
Erster Schritt zu nationalem Tierschutzgesetz
Doch Hoffnung bestand weiterhin. Die Reform ist Teil eines Vorentwurfes zu einem einheitlichen nationalen Tierschutzgesetz vom Sozialministerium. Bisher ist es in Spanien so geregelt, dass die 17 autonomen Gemeinschaften eigene Regierungsgesetze haben und somit unterschiedliche Regelungen, auch in Bezug auf Tierschutz, gelten. Im Beisein von unter anderem 50 Tierschutzorganisationen wurde der Entwurf vorgestellt.
Diese und weitere Änderungen sieht das Gesetz vor:
- Verbot der Hobbyzucht
- Verbot der Tötung ohne medizinische Indiktation
- Abschaffung der Rasseliste
- Ende des Verkaufs von Haustieren in Geschäften
- Hundeführerschein-Pflicht
- Einführung einer nationalen Datenbank zur Registrierung von Haustieren
Dies würde zumindest auf dem Papier einen größeren Schutz für Hunde und Katzen im Allgemeinen bedeuten.
Grund zum Aufatmen
Das Besondere an dem Gesetzesentwurf ist nicht nur die Vereinheitlichung für ganz Spanien, sondern die Änderungen, die vor allem Jagdhunden wie Galgos und Podencos einen nie dagewesenen Schutz einräumen sollten. Denn der Gesetzesentwurf unterschied nicht zwischen Haustieren und Jagdhunden, so wie es bisher innerhalb vieler autonomer Gemeinschaften in Spanien gehandhabt wurde.
Das hätte bedeutet, dass unter anderem das Aussetzen der Hunde, das unkontrollierte Züchten, das Abrichten am Auto und das Halten von mehr als fünf Tieren verboten oder zumindest unter strengere Auflagen gestellt worden wäre. Die Jagd selbst verbietet das Gesetz zwar nicht, aber dennoch ist der Entwurf ein wichtiges Zeichen.
Ein erster Schritt wurde am 18. Februar 2022 gemacht. Der Vorentwurf wurde vom Ministerrat angenommen.
Die spanischen Jäger (Galgueros) halten in der Regel mehrere Hunde. Foto: Shutterstock
Einwände der Jagdlobby
Dem spanischen Ministerrat sollte der Gesetzesentwurf schon lange vorgelegt werden, doch heftiger Gegenwind aus anderen Parteien und Ministerien verzögerte den Prozess. Das Ministerium für Landwirtschaft will Jagdhunde aus dem geplanten nationalen Tierschutzgesetz ausschließen und weiterhin als Gebrauchstiere einstufen. Die Jäger und Befürworter:innen betreiben massiv Lobbyarbeit, um das Gesetz zu kippen.
Mit einer eigenen Strategie und speziellen Vorschriften für Jagdhunde wollen sie die so wichtigen Veränderungen verhindern. Gründe für eine Sonderbehandlung sind aus ihrer Sicht, dass die Jagd ein kulturelles Erbe sei, Jäger die Schützer des ökologischen Gleichgewichts seien, die Jagd 190.000 Arbeitsplätze schaffe und 6,5 Millionen Euro erwirtschafte. Der Landwirtschaftsminister betont, dass die Jagd nicht nur eine produktive Aktivität ist, sondern auch der Sport mit den meisten Verbänden nach Fußball und Basketball.
+++ Update: 29.09.2023 +++
Heute ist das erste nationale Tierschutzgesetz in Spanien in Kraft getreten. Laut spanischen Tierschützer:innen könnte dieses Gesetz zu einem großen Rückschritt im Tierschutz führen, da einige Tierschutzgesetze der autonomen Gemeinschaften in Spanien bereits fortschrittlicher als der neue Entwurf waren.
Zwar dürfen die einzelnen regionalen Gesetze bestehen bleiben, wenn sie die Mindestanforderungen des nationalen Gesetzes berücksichtigen, doch die Tendenz geht aktuell dahin, dass die autonomen Gemeinschaften das nationale Gesetz adaptieren und Jagdhunde dann auch dort ungeschützt sind, wo sie bisher geschützt waren. In der spanischen Region La Rioja wurde bereits ein Vorschlag zur Aufhebung des regionalen Gesetzes und zur Anpassung an das nationale Gesetz vorgelegt.
Da sich die Regierung in Spanien aktuell nach Wahlen neu bildet und somit derzeit eingeschränkte Befugnisse bestehen, konnten zu einigen Punkten im neuen Tierschutzgesetz noch keine regulierenden Vorschriften erarbeitet und verabschiedet werden, die die ordnungsgemäße Anwendung des Gesetzes ermöglichen würden – so zum Beispiel auch, wie künftig nachgewiesen werden muss, welche Hunde als Jagdhunde zählen.
+++ Update: 15.03.2023 +++
Dem Gesetzesentwurf zu einem einheitlichen, nationalen Tierschutzgesetz in Spanien wurde am 15. März 2023 final vom Kongress in Madrid zugestimmt. Nach Monaten von Protesten – sowohl von Seiten vieler Tierschutzvereine als auch der Jagdverbände – sind Jagdhunde vom Gesetz ausgenommen. In Kraft treten soll das Gesetz in den nächsten sechs Monaten.
+++ Update: 09.02.2023 +++
An diesem Tag wurde das neue nationale Tierschutzgesetz für Spanien vom Abgeordnetenhaus angenommen. Die Entscheidung war knapp – mit 174 Ja-Stimmen, 167 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen – doch den vielen spanischen Jagdhunden bringt das nichts, denn sie bleiben von nun an landesweit ungeschützt.
+++ Update: 22.12.2022 +++
Es ist entschieden. Nach wochenlangen Verzögerungen wurde in einer Kongressabstimmung am 22. Dezember 2022 dem Änderungsantrag der Regierungspartei PSOE stattgegeben. Das bedeutet, dass Jagd- und Gebrauchshunde wie Galgos aus dem neuen Tierschutzgesetz ausgeschlossen sind. Es bleibt zu hoffen, dass das Gesetz, welches noch nicht verabschiedet ist, wenigstens in anderen Bereichen Verbesserungen mit sich bringt – für die vielen Galgos, Podencos und andere Jagdhunde, die jedes Jahr ausgenutzt und aussortiert werden, ist das kein Trost.
Wir wollen nicht aufgeben. Erhebe mit uns weiterhin deine Stimme und äußere deinen Protest. Materialien stellen wir dir weiter unten zur Verfügung.
+++ Update: 09.12.2022 +++
Die Einreichung eines Änderungsvorschlages der spanischen sozialistischen Arbeiterpartei PSOE blockierte die Verabschiedung des neuen Tierschutzgesetzes für lange Zeit. Seit der Bekanntgabe machten zahlreiche, engagierte Tierschützer:innen ihren Unmut gegen diesen Vorschlag öffentlich, protestierten auf der Straße und wandten sich an die entsprechenden Entscheider – so auch VETO. Die Antwort der spanischen Regierung auf unsere Protestmail: Sie hoffen, dass ein Gesetz mit dem größtmöglichen Konsens aus dem Prozess hervorgeht.
Nach ernüchternden Wochen wird am 07.12.2022 der nächste Rückschlag bekannt: Der Koalitionspartner Podemos gibt nach und schickt einen neuen Vorschlag an die PSOE. Sie seien bereit, die Jagdhunde in einigen Abschnitten des Gesetzes auszuschließen, solange diese jagdlichen Aktivitäten ausüben. Man erhoffe sich, dass Jäger, die ihre Tiere schlecht behandeln, so trotzdem bestraft werden können. Leider zeigt die aktuelle Situation, dass kaum Kontrollen durchgeführt und keine oder zu milde Strafen verhängt werden. Es scheint, als wolle Podemos verhindern, dass das neue Tierschutzgesetz gänzlich gekippt wird.
+++ Update: 21.09.2022 +++
Die PSOE (Partido Socialista Obrero Espanol, spanische sozialistische Arbeiterpartei) präsentierte nun einen Änderungsvorschlag für das neue Tierschutzgesetz, der Jagdhunde aus diesem ausschließen soll und ihnen somit nicht die gleichen Rechte einräumt wie als Haustiere gehaltene Hunde. Diese Änderung lässt mehr Raum für Tierquälerei und Verbrechen, die gegen Jagdhunde verübt werden und begünstigt die Straffreiheit für das Handeln der Jäger.
Neben zahlreichen Tierschützer:innen, spanischen und internationalen Organisationen werden auch wir von VETO laut und nutzen unsere Stimme für die vielen Galgos und anderen Jagdhunde in Spanien. Mit einer Protestmail und der Unterstützung unseres Netzwerkes zeigen wir der spanischen Regierung und der initiierenden Partei PSOE, warum Jagdhunde den gleichen Schutz verdient haben wie alle anderen Haustiere auch.
+++ Update: 22.03.2022 +++
Die nationale Strategie zum nachhaltigen Jagdmanagement wurde am 07. März 2022 von der Regierung und den autonomen Gemeinschaften einstimmig verabschiedet – trotz öffentlicher Konsultation und der Einreichung zahlreicher Gegenargumente von Bürger:innen und Tierschutzorganisationen wie der spanischen Plataforma NAC (No a la caza). Diese Strategie ist kein Gesetz, aber ein Leitfaden für alle Verwaltungen in Spanien.
Ihre Macht hat die Jagdlobby zudem am 20. März 2022 gezeigt. Mehr als 150.000 Jäger und Landwirte versammelten sich in Madrid, um für die Jagd einzustehen und gegen das neugeplante Tierschutzgesetz zu demonstrieren, denn dieses würde den ländlichen Raum angreifen. Die Jagdverbände haben viel Geld ausgegeben, um so viele Menschen wie möglich zur Demonstration zu bringen.
Ein weiterer Dämpfer sind Neuigkeiten der spanischen Partei PACMA, die vor wenigen Wochen publik machte, dass ihnen eine neue Version des Gesetzesentwurfes des nationalen Tierschutzgesetzes zugespielt wurde. Diese Version enthält nun einen zusätzlichen Abschnitt mit dem Titel „Hunde, die bei Tätigkeiten im ländlichen Raum eingesetzt werden“. Der Gesetzesentwurf wird in den nächsten Monaten noch einige Schritte durchlaufen, sodass weitere Veränderungen zum Nachteil der Jagdhunde noch möglich sind.
Wie geht es nun weiter?
Die neuesten Entwicklungen stellen einen herben Rückschlag dar. Hoffnung bestand, denn Politiker:innen haben die Stimmen von zahlreichen Tierschutzorganisationen, Tierschützer:innen und Petent:innen wahrgenommen. Doch am Ende war die Lobby wieder einmal stärker und einflussreicher.
Die Jagdhunde, die vielen Tierschützer:innen, die sich täglich für die Hunde ausopfern und die engagierten Menschen, die in Spanien auf die Straße gehen und Gespräche mit wichtigen Entscheidern führen, brauchen weiterhin unsere Unterstützung.
Das kannst du tun
Die Entwicklung in Spanien zeigt, dass jede Form des Lautwerdens wichtig ist und auch wenn es manchmal schwerfällt, Aufgeben keine Option ist. Du kannst dich dauerhaft für Galgos und andere Jagdhunde in Spanien stark machen, indem du …
- dein Umfeld über die Situation der Galgos und anderer Jagdhunde aufklärst. Nutze dafür Beiträge wie diesen
- an Demonstrationen teilnimmst wie dem jährlichen Galgo-Marsch in Köln und weiteren Städten
- an engagierte Tierschutzvereine spendest, die die Tiere tagtäglich versorgen
- Petitionen unterzeichnest
- den Tierschützer:innen in Spanien deine solidarische Unterstützung schenkst.
- einen Social Media Post verfasst oder teilst: Äußere deinen Protest über Social Media und markiere @psoe, @sanchezcastejon und @msocialgob und nutze den Hashtag #mismosperrosmismaley. Auf unserem Instagram Account findest du einen fixierten Post, den du teilen kannst
- eine Protestmail schreibst: Verfasse ein Schreiben in deinen eigenen Worten oder nutze unsere Vorlage und äußere sachlich deinen Unmut über die Behandlung der spanischen Jagdhunde und den Ausschluss dieser im neuen Tierschutzgesetz. Die Mailadressen, an die du die Mail verschicken kannst auf Deutsch, Englisch oder Spanisch: [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected] , [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected], [email protected]
Der öffentliche Druck aus Europa, aus der ganzen Welt, kann den Unterschied für die spanischen Jagdhunde bedeuten!