VETO Magazin · Hunde-Ratgeber · 30. April 2014 · 6 Min. Lesezeit
Hunde aneinander gewöhnen
Wer sich für einen zweiten Hund entscheidet, sollte sich erneut fragen: „Welcher Hund passt zu mir bzw. zu unserer Familie?“ und zusätzlich „Welcher Hund passt zu meinem Ersthund?“ Mehrhundehalterin Hanna Czenczak hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.

Ein Haushalt mit mehreren Vierbeinern kann eine Bereicherung für Mensch und Tier sein. Dabei gilt es jedoch einiges zu beachten. Foto: Privat
Wenn ein zweiter Hund ins Haus kommt, kann das unter Umständen für den ersten Hund oder sogar für beide Hunde und letztendlich für alle Beteiligten unangenehm werden, wenn die Entscheidung leichtfertig getroffen wird. Im schlimmsten Fall attackieren sich beide Hunde und der Traum vom Zweithund platzt.
Wie ist die Persönlichkeit des Ersthundes?
Scotti ist der Ersthund von Hanna – ein Pinscher-Mix. Er ist ein totaler Wirbelwind. Sportlich, sehr verspielt, laut, mittlerweile gut sozialisiert und seit einem Jahr in der Hundeschule. Da sein Energieniveau sehr hoch ist, sollte der Zweithund Scotti nicht noch mehr „aufputschen“.
Zum Beispiel wäre ein ähnlich aufgedrehter Jack Russel nicht die beste Konstellation. „Also suchte ich nach, nach einem Hund, der zwar mithalten kann, aber Scotti nicht zusätzlich animiert, sondern eher für einen Ausgleich sorgt“, erklärt Hanna.

Scotti, der Wirbelwind, ist Hannas Ersthund. Foto: Privat
Welche Paarkonstellation?
In der Natur des Hundes liegt die Antwort: Rüden und Weibchen sind normalerweise genetisch dazu „programmiert“ gut miteinander auszukommen. Also hat Hanna sich für ein Hundemädchen entschieden, das nicht viel älter oder viel jünger als Scotti sein sollte. Scotti war damals 2 Jahre alt und kastriert.
Des Weiteren wusste Hanna, dass Scotti einige Rassen mehr mochte als andere. Er bevorzugte zum Spielen eher kleinere Hunde als große. Auf ähnliche Rasseeigenschaften hat sie ebenfalls geachtet, denn Scotti mochte pinscherähnliche Hunde am liebsten. Scheinbar verstand er sich mit ihnen auf Anhieb.
Diese Entscheidungen waren für Hanna wichtig, um einen Hund nicht nur nach dem Aussehen auszusuchen, sondern nach passenden Eigenschaften für Scotti und den anderen Hund.
Warum soll ein zweiter Hund her?
Einen Zweithund anzuschaffen, damit dieser sich mit dem Ersten beschäftigt, weil der Mensch keine Zeit hat, ist keine gute Motivation für einen Zweithund und auch nicht die Lösung des Problems. Die Beweggründe können unterschiedlich sein, aber die Frage sollte sich jeder ehrlich beantworten, denn auch ein zweiter Hund kostet Zeit, Geld und manchmal auch Nerven.
Hanna wollte einen zweiten Hund für Scotti, damit er ein Hundeleben im Rudel erleben kann. „Ich wollte mich der Herausforderung stellen einen Hund gut in unsere bestehende Mensch-Hund-Beziehung zu integrieren und ich wollte unbedingt einen Hund aus dem Tierschutz adoptieren, der keine guten Chancen auf eine Vermittlung hat“, begründet Hanna.
Der Besuch im Tierheim
Hannas Suche nach „ihrem“ Zweithund dauerte circa zwei Monate. Im Tierheim Bonn traf sie schließlich die 12 Monate alte Mira. Die kleine Prager-Rattler-Pinscher-Mix Dame hatte bereits sehr viele Interessenten, aber niemand wollte sich der Herausforderung stellen, denn ihr „Vorstrafenregister“ war lang.
In ihrem knappen Lebensjahr hatte sie schon zwei Vorbesitzer, denn sie biss ihre Menschen. Im Tierheim kotete sie in ihr Körbchen und als verträglich mit Artgenossen galt sie auch nicht.

Hündin Mira wartete im Tierheim in Bonn auf ein neues Zuhause. Foto: Tierheim Bonn
Zuerst haben Hanna und ihr Mann Mira allein besucht, um sich ausführlich mit einer Tierheimmitarbeiterin über Mira zu unterhalten. Mira zeigte kein großes Interesse an den beiden, sondern beschnupperte zuerst den Freilauf. „Ein gutes Zeichen“, fand Hanna – was aber von vielen Interessenten als „der Hund mag uns nicht“ interpretiert wird.
Beide haben die Zeit genutzt, um sich mit der Tierheimmitarbeiterin zu unterhalten und die Vorgeschichte von Mira zu erfahren. Nachdem die kleine Mira ausgiebig ihre Umgebung beschnuppert und sich gelöst hatte, entdeckte sie Hanna, ihren Mann und die Leckerlies in der Tasche.
Der Erstkontakt mit dem neuen Hund
Insgesamt haben die beiden Mira drei Mal besucht und sind mit ihr „Gassi“ gegangen. Zum zweiten Besuch kam Scotti mit, denn sie wollten testen, ob die beiden sich verstehen. Mit Scotti waren sie vorher ausgiebig laufen, damit er entspannt und ausgeglichen ist. Mit einem aufgeregten Hund zum Kennenlernen zu gehen, wollten sie vermeiden.
Das erste Beschnuppern sollte auf neutralem Boden stattfinden, denn Mira war im Tierheim gegenüber anderen Hunden weniger freundlich. Deshalb sind Hanna und ihr Mann zuerst mit beiden Hunden 20 Minuten nebeneinander spazieren gegangen, ohne dass sie sich beschnuppern konnten. So konnte Mira sich entspannen und die Körpersprache von Scotti lesen, während sie nebeneinander liefen.

Für Hanna entscheidet sich alles auf dem ersten gemeinsamen Spaziergang: Verstehen sich die beiden Hunde? Foto: Privat
Eine schöne, große Wiese erschien für den Erstkontakt geeignet und Hanna machte Scotti von der Leine. Er ließ Mira zunächst links liegen und zeigte kein großes Interesse. „Auch das fand ich gut“, berichtet Hanna. Mira war zunächst etwas aufdringlich und Scotti zeigte ihr die kalte Schulter.
Hanna blieb still und ließen den Hunden Ruhe und Zeit sich kennenzulernen. Als Scotti schließlich Mira zum Spielen aufforderte ging Hanna das Herz auf und sie wusste, dass Mira die Richtige ist.
Hunde zu Hause aneinander gewöhnen
Als der Tag schließlich näher rückte, an dem Mira aus dem Tierheim kam, stieg die Aufregung und Nervosität. Hanna grübelte: „Was ist, wenn Scotti sie nicht in seinem Zuhause will?“ oder „Was passiert, wenn die neue Hündin Scotti oder uns beißt?“
Es plagten sie einige ungewisse Gedanken, doch sie beschloss den Tag positiv anzugehen, sich über die Ankunft von Mira zu freuen und sich keine Sorgen zu machen. Hunde merken nämlich, wenn Menschen nervös sind und so wollte sie nicht, dass Mira und Scotti wegen ihr ein schlechtes Gefühl haben.
„Wir zelebrierten die Ankunft von Mira regelrecht und bereitet alles vor, damit es ein entspanntes Eingewöhnen ist. Als wir und die Hunde mit dem Auto Zuhause ankamen, machten wir sofort einen langen Spaziergang von knapp zwei Stunden“, schildert Hanna. So, war ihr Plan, würde jegliche Aggression oder die Lust auf „Pöbeln“ vergehen, denn die Hunde wären einfach total ausgepowert.
Der Plan ging auf. Hanna führte beide nach Hause und stellte Mira jedes Zimmer vor, indem sie Mira an der Leine langsam durch das Haus führte. In der Küche ließ sie beide Hunde trinken und schickte jeden danach in sein Körbchen. Es folgte ein harmonisches und entspanntes Miteinander – Scotti zeigte Mira den Rest seines Reiches und auch die Menschen waren glücklich und zufrieden.

Mittlerweile sind Mira und Scotti ein Herz und eine Seele. Foto: Privat