Magazin · Hunde-Ratgeber · 11. März 2024 · 5 Min. Lesezeit
Übergewicht beim Hund: Erkennen, Ursachen ermitteln und Folgen abwenden
Viele Hunde haben etliche Pfunde zu viel auf den Rippen. Den Halter:innen ist das oftmals gar nicht bewusst, dabei können Übergewicht und Fettleibigkeit schwerwiegende Folgen haben. Lies hier, wie du erkennst, ob dein Hund übergewichtig ist, welche Auswirkungen das Mehrgewicht haben kann und was du dagegen tun kannst.
Übergewicht ist keineswegs nur ein Schönheitsfehler. Es beeinträchtigt und verkürzt gegebenenfalls sogar das Leben des Hundes. Foto: Shutterstock
65 Prozent aller in Deutschland lebenden Hunde und Katzen sind Studien zufolge übergewichtig. Während in vielen Ländern Tiere von Unterernährung betroffen sind, ist Übergewicht hierzulande die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung unserer Haustiere – und hat sich so zu einem unterschätzten Tierschutzproblem entwickelt. Die zusätzlichen Pfunde bedeuten oftmals nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern gravierende gesundheitliche Folgen.
Übergewicht beim Hund erkennen
Generell gilt ein Tier als übergewichtig, wenn es 10 bis 20 Prozent Mehrgewicht aufweist. Tiere mit über 20 Prozent Mehrgewicht gelten als adipös. Rein durch einen Blick auf die Waage ist nicht unbedingt feststellbar, ob der Hund übergewichtig ist. Es gibt zwar gewisse Standards, die das Idealgewicht einer Rasse bestimmen sollen. Diese Rassestandards sind jedoch beispielsweise nicht geeignet, wenn es sich um einen sehr großen oder sehr kleinen Vertreter der Rasse handelt.
Darüber hinaus ist die Bestimmung des Übergewichtes mit Blick auf die Waage und den Rassestandard gerade bei Mischlingen problematisch. Gleichwohl ist es jedoch natürlich wichtig das Gewicht regelmäßig zu kontrollieren, um Veränderungen oder etwa eine Stagnation bei der Gewichtsreduktion zu erkennen.
Um festzustellen, ob dein Hund übergewichtig ist, solltest du einige Körperstellen genauer betrachten und auch abtasten. Bei einem Idealgewicht sollten die Rippen deines Hundes leicht ertastbar und die Taille gut zu erkennen sein. Wenn dein Hund ein dickes Fell hat, kannst du am besten mit beiden Händen über die Flanken streichen. Hinter dem Brustkorb angelangt, sollte eine Kurve nach innen spürbar sein. Darüber hinaus sollte die Bauchlinie von der Seite betrachtet von den Rippen zur Hüfte aufsteigend sein. Auch das kannst du im Zweifelsfall gut mit den Händen überprüfen.
Bei Übergewicht sind die Rippen des Hundes nur schwer ertastbar und zählbar. Zudem ist die Taille kaum mehr zu erkennen. Die Bauchlinie läuft hier nicht mehr aufsteigend, sondern eher parallel zum Boden. Darüber hinaus sind Fettpolster an Rücken und Schwanzansatz ein weiteres Anzeichen für Übergewicht.
Um zu erkennen, ob dein Hund übergewichtig ist, hilft es, einige Körperstellen genauer zu betrachten und abzutasten. Grafik: VETO
Zu diesen äußeren Anzeichen kommen meist Verhaltensveränderungen hinzu. So sind übergewichtige Hunde oft müde und nur schwer zum Spielen anzuregen. Die Bewegungsfreude nimmt ab und der Hund bleibt beispielsweise beim Gassigang zurück. Oftmals brauchen übergewichtige Hunde Hilfe beim Einsteigen ins Auto und hecheln häufig.
Ursachen für Übergewicht bei Hunden
Übergewicht entsteht generell, wenn mehr Energie zugeführt wird, als verbraucht wird. Schuld für diese Imbalance kann daher zum einen eine Überversorgung an Energie durch Nahrung sein. Zum anderen kann die Diskrepanz jedoch auch durch eine verringerte Menge an Energie entstehen, die über den Tag umgesetzt wird. Die überschüssige Energie wird dann in Form von Fett gespeichert und der Hund wird dick.
Übergewicht beim Hund hat jedoch tatsächlich vielfältige und teilweise miteinander verwobene Ursachen. Stellt der Grund für die zusätzlichen Pfunde eine übermäßige Energiezufuhr dar, kann dies daran liegen, dass beispielsweise die Fütterungsempfehlungen von Alleinfuttermitteln nicht individuell genug sind. Auch die Dosierung des Futters mittels eines Bechers oder nach Augenmaß kann zu Schwankungen bei der täglichen Menge führen.
Eine zu hohe Energiezufuhr kann auch durch die Gabe von zusätzlichem Futter wie Leckerlis und Kauartikeln entstehen, wenn diese Energie nicht vom Hauptfutter abgezogen wird. Gerade Kauartikel oder auch Reste vom Tisch haben oftmals eine hohe kalorische Dichte und können so den Tagesbedarf an Energie bereits zu großen Teilen decken. Wird diese Energie nicht vom Hauptfutter abgezogen, übersteigt die Energiezufuhr den täglichen Bedarf schnell deutlich.
Ist das Übergewicht mit einer verringerten Menge an Energie, die über den Tag verbraucht wird, zu erklären, kann dies mehrere Ursachen haben. Einerseits kann sich der Grundumsatz an Energie – also jene Energie, die der Körper für die normalen Funktionen wie beispielsweise die Erhaltung der Körpertemperatur benötigt – durch bestimmte Krankheiten, wie etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, verringern. Andererseits können auch hormonelle Erkrankungen, wie eine Überfunktion der Nebenniere oder Fehlfunktionen der Geschlechtsdrüsen, zu Übergewicht führen.
Auch bestimmte Medikamente können den Stoffwechsel und das Sättigungszentrum beeinflussen.
Gerade Leckerlis und Kauartikel weisen häufig eine hohe Kaloriendichte auf. Foto: Shutterstock
Eine Imbalance zwischen der zugeführten Energie durch Nahrung und der täglich verbrauchten Energie wird durch Bewegungsmangel vorangetrieben. Hinzu kommt, dass mit zunehmendem Gewicht die Bewegungsfreude nachlässt, sodass ein Teufelskreis entsteht. Auch Gelenkerkrankungen wie Hüftgelenksdysplasie und Arthrose oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen können dazu führen, dass sich der Hund weniger bewegt und der Energiebedarf dementsprechend zu niedrig ist.
Die Häufigkeit von Übergewicht steigt bei Hunden mit zunehmendem Alter an. Dies wird gleich durch zwei Faktoren begünstigt: Zum einen bewegen sich ältere Tiere in der Regel weniger. Zum anderen verändert sich ihre Stoffwechselrate, wodurch ihr Energiebedarf sinkt. Auch eine Kastration begünstigt bei Rüden als auch Hündinnen Übergewicht, da der Grundumsatz hier um 20 bis 30 Prozent sinkt.
Bestimmte Rasse haben Studien zufolge eine besondere Neigung zu Übergewicht. Rassen mit einer erhöhten Anfälligkeit für Übergewicht sind beispielsweise:
- Labrador- und andere Retrieverrassen
- Beagle
- Cocker Spaniel
- Dalmatiner
- Dackel
- Rottweiler
- Shetland Sheepdogs
Gesundheitliche Folgen von Übergewicht beim Hund
Übergewicht kann bei Hunden zu erheblichen gesundheitlichen Folgen führen. Die überflüssigen Kilos stellen einen Risikofaktor für eine Reihe von Krankheiten dar beziehungsweise wird Übergewicht mit diesen in Verbindung gebracht. Darunter fallen zum Beispiel:
- Diabetes
- Gelenkverschleiß (Arthrose beziehungsweise Osteoarthritis)
- Herz- und Kreislauferkrankungen
- Hauterkrankungen
- Atemwegserkrankungen
- Neoplasien (Tumore)
- Nierenfunktionsstörungen
- Stoffwechselstörungen
- Inkontinenz bei Hündinnen
Darüber hinaus verringert sich bei übergewichtigen und fettleibigen Hunden die Hitzetoleranz.
Diese Begleiterkrankungen von Übergewicht können die Lebensqualität und das Wohlbefinden des betroffenen Tieres enorm beeinträchtigen sowie Schäden, Schmerzen und Leiden verursachen. Und die Folgen von Übergewicht gehen bis hin zu einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung – bei kleineren Rassen, wie etwa dem Yorkshire Terrier, sogar um bis zu zweieinhalb Jahre.
Das kannst du bei Übergewicht bei deinem Hund tun
Ursachen ermitteln: Um das Gewicht deines Vierbeiners langfristig zu reduzieren, gilt es zunächst, den Grund für die zusätzlichen Kilos zu ermitteln. Dafür solltest du einmal genau kontrollieren, was dein Hund so alles am Tag frisst – auch Leckerlis oder Essensreste vom Tisch sollten dabei berücksichtigt werden. Es bietet sich hier an, ein Futtertagebuch zu führen.
Um sich vor Augen zu halten, welche Menge an Leckerlis der Vierbeiner von allen Familienmitgliedern über den Tag hinweg bekommt, kann beispielsweise ein Leckerliglas aufgestellt werden. Immer wenn der Hund also ein Leckerli bekommt, wird die gleiche Menge ins Glas geworfen. Am Ende des Tages kann so gut nachvollzogen werden, was alles ins Hundemaul fiel.
Ebenso solltest du einmal bewusst kontrollieren, wieviel Bewegung dein Hund täglich bekommt – ob durch Ballspielen im Garten, Interaktionen mit Hundefreunden oder gemeinsame Spaziergänge.
Um auszuschließen, dass eine Erkrankung die Ursache für das Übergewicht ist, sollte zudem ein:e Tierärzt:in deinen Hund untersuchen. Dort kannst du auch gleich erfragen, wo denn das Idealgewicht deines Hundes liegt und dich in Bezug auf das richtige Futter und dessen Menge beraten lassen.
Mit den Hundefreunden Ball zu spielen, macht nicht nur Spaß. Die Bewegung hilft gleichzeitig bei der Gewichtsreduktion. Foto: Shutterstock
Fütterungsplan anpassen: Nachdem du dir im Klaren darüber bist, was dein Hund alles pro Tag frisst, solltest du die Fütterung anpassen. Es wird empfohlen, die Tagesration in mehrere kleinere Mahlzeiten aufzuteilen, da so die Menge an Energie, die während der Verdauung verbraucht wird, erhöht wird. Die Futtermengen sollten genau abgemessen werden. Und für die Belohnung mit Leckerlis kannst du zum Beispiel einen Teil der Tagesration des normalen Futters nutzen.
Es wird empfohlen, nicht durch eine einfache Reduzierung der Menge des Alleinfuttermittels vorzugehen. Zum einen kann es hier entsprechend zu einer Reduktion aller enthaltenen Nährstoffe und folglich Mangel kommen. Zudem fehlt es dem Vierbeiner hier an einem Sättigungsgefühl.
Stattdessen wird geraten, den Energiegehalt zwar zu reduzieren, dabei jedoch auf die bedarfsgerechte Zufuhr von Protein, Mineralstoffen und Vitaminen zu achten. So ist beispielsweise die bedarfsgerechte Versorgung mit Proteinen wichtig um zu verhindern, dass die Muskulatur während der Gewichtsreduktion abgebaut wird. Meistens wird bei Reduktionsdiäten der Fett- und Kohlenhydratgehalt verringert sowie der Fasergehalt erhöht. Das führt zu einer geringen Kaloriendichte.
Mit mehr Bewegungsfreude durch den Alltag: Neben der Ernährungsanpassung spielt Bewegung bei einer Gewichtsreduktion eine entscheidende Rolle. Bewegung unterstützt nicht nur dabei, dass die Pfunde purzeln. Gleichzeitig werden Muskeln aufgebaut oder vorhandene wieder gestärkt.
Möglichkeiten, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, gibt es dabei unzählige – ob häufigere Spaziergänge, gemeinsames Spielen und Toben mit Artgenossen oder beispielsweise Schwimmen. Auch zuhause kannst du mit einfachen Veränderungen den Alltag aktiver gestalten. Anstatt das Futter im Napf zu servieren, kannst du aus der Fütterung ein Suchspiel machen, indem du die Ration an mehreren Stellen in deiner Wohnung versteckst. Einen Teil der Tagesration kannst du beispielsweise auch als Belohnung für Apportierspiele nutzen. Oder dein Vierbeiner verdient sich die Mahlzeit bei einem Denkspiel oder mit einem Schnüffelteppich.
Entscheidend beim Abnehmen: Konsequenz und Geduld
Der Weg zum Idealgewicht deines Hundes kann mitunter länger sein, als gedacht. Um Übergewicht oder gar Fettleibigkeit langfristig wieder auszugleichen, können mehrere Wochen und Monate vergehen. Du solltest darauf achten, dass dein Hund nicht zu schnell zu viel Gewicht verliert, denn das kann zum Verlust der Muskelmasse führen und die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Gewichtszunahme erhöhen.
Die Gewichtsreduktion sollte pro Woche nicht über 0,5 bis 2 Prozent der Körpermasse betragen. Auf dem Weg zum Idealgewicht solltest du also auf langsame aber stetige Fortschritte achten. Um diese zu kontrollieren, kannst du beispielsweise ein Abnehmtagebuch führen.