Magazin · Tierschutz aktiv · 06. April 2025 · 4 Min. Lesezeit
Massentötungen in der Türkei: VETO appelliert mit offenem Brief an islamische Verbände
Straßenhunde in der Türkei werden massenhaft getötet. VETO appelliert mit einem offenen Brief an islamische Verbände: Für Barmherzigkeit, Tierschutz und gesellschaftlichen Wandel.

Straßenhunde in der Türkei brauchen Mitgefühl und Menschen, die Verantwortung übernehmen. Foto: VETO
Offener Brief zur Gewalt gegen Straßenhunde in der Türkei – VETO ruft zu Mitgefühl, Verantwortung und gesellschaftlichem Dialog auf
In der Türkei eskaliert die Gewalt gegen Straßenhunde: Tiere werden systematisch eingefangen, getötet oder ihrem Schicksal überlassen – mit verheerenden Folgen für Mensch und Tier. Die offizielle Begründung: Schutz der Bevölkerung. Doch in der Realität erleben Tierschützende, wie friedliche, kastrierte Hunde verschwinden, in Tierheimen verhungern oder in abgelegenen Einrichtungen unzugänglich untergebracht werden.
VETO hat nun einen offenen Brief an islamische Gemeinschaften und Verbände in Deutschland und Europa veröffentlicht – mit einer Einladung, gemeinsam Haltung zu zeigen: für Mitgefühl, gegen Gewalt an wehrlosen Tieren.
„Diese Massentötungen geschehen nicht im Namen einer Religion – aber sie brauchen Widerspruch aus der Gesellschaft, damit sie nicht stillschweigend legitimiert werden.“
André Meyer, VETO-Team
Keine Schuldzuweisung – sondern Einladung zum Dialog
In vielen islamischen Lehren sind Barmherzigkeit, Mitgefühl und der respektvolle Umgang mit Tieren fest verankert. Der offene Brief enthält keine Vorwürfe, sondern formuliert eine Einladung zur Abgrenzung von einer Gewaltpraxis, die aus unserer Sicht im klaren Widerspruch zu diesen Werten steht.
Ziel ist es, Aufmerksamkeit zu schaffen – innerhalb der muslimischen Community, aber auch darüber hinaus. Denn viele Menschen fragen sich: „Wie kann so etwas geschehen, ohne dass Stimmen aus der Gesellschaft laut werden?“
Brief jetzt lesen und weitergeben
Der offene Brief kann hier in voller Länge gelesen und als PDF heruntergeladen werden. Wir rufen dazu auf, ihn sichtbar zu machen, weiterzuleiten, auszulegen oder online zu teilen – als friedliches Signal für Mitgefühl und Verantwortung.
Offener Brief an islamische Verbände: Für Mitgefühl und Schutz für Straßentiere in der Türkei
Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB), Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD), Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ), Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland e.V.
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Brief wenden wir uns an Sie als Stimme einer einflussreichen Gemeinschaft – mit einer dringenden Bitte: Helfen Sie mit, das Leid der Straßenhunde in der Türkei sichtbar zu machen.
Täglich erreichen uns Berichte über systematische Gewalt gegen Straßenhunde: Tiere werden eingefangen, getötet oder verschwinden spurlos. Selbst kastrierte und friedliche Hunde sind betroffen. In vielen Tierheimen fehlt es an Versorgung, neue Lager entstehen außerhalb jeder Kontrolle. Es mehren sich Hinweise auf systematische Massentötungen.
Dabei ist uns bewusst: Der Islam betont die Verantwortung des Menschen gegenüber allen Lebewesen. Barmherzigkeit und der respektvolle Umgang mit Tieren sind in vielen Lehren tief verankert. Zahlreiche islamische Gelehrte haben sich deutlich gegen Grausamkeit gegenüber Tieren ausgesprochen. Umso wichtiger ist es, klarzustellen, dass diese Massentötungen im Widerspruch zu diesen Werten stehen.
Die Praxis widerspricht jeder Form von Mitgefühl – und sie geschieht unter dem Vorwand, die Bevölkerung zu schützen. Doch diese Begründung hält nicht stand. Weder wird durch diese Maßnahmen Tollwut wirksam bekämpft, noch lösen sie langfristig das Problem. Gewalt schafft nur neues Leid – und entfremdet Menschen voneinander.
Zugleich entsteht zunehmend gesellschaftliche Spannung zwischen jenen, die die Tötungen unterstützen oder stillschweigend dulden, und jenen, die sich mutig dagegen stellen. Auch international wächst das Unverständnis – immer mehr deutsche Urlauberinnen und Urlauber ziehen einen Boykott in Erwägung. Das Vertrauen schwindet – nicht nur international, sondern auch innerhalb der Gesellschaft.
Wir wissen, dass Veränderung nur dann Bestand hat, wenn sie von den Menschen vor Ort getragen wird. Als europäische Organisation wollen wir nicht urteilen oder belehren. Aber wir möchten unterstützen: dabei, Aufklärung zu fördern und Stimmen zu stärken, die sich gegen diese Gewalt wenden.
Deshalb wenden wir uns an Sie – nicht nur als religiöse Instanz, sondern als gesellschaftlich einflussreiche Stimme. Sie erreichen Menschen, denen Tiere am Herzen liegen. Menschen, die Mitgefühl und Verantwortung leben.
Bitte helfen Sie mit, zu zeigen: Diese Gewalt geschieht nicht im Namen einer Kultur, einer Religion oder einer Gemeinschaft. Sondern entgegen all dem, wofür wir als Gesellschaft stehen wollen.
Ein öffentliches Zeichen – etwa in Form einer Stellungnahme oder der Thematisierung in Ihrer Kommunikation – kann eine große Wirkung entfalten. Es kann Menschen sensibilisieren, Vorurteile abbauen und echten Wandel ermöglichen.
Darüber hinaus gibt es Wege, wie Mitgefühl gestärkt und nachhaltiger Wandel gefördert werden kann – zum Beispiel durch:
-Die Unterstützung flächendeckender Kastrationsprogramme statt Massentötungen, wie sie in vielen Ländern erfolgreich umgesetzt wurden.
-Bildungsangebote zum Thema Mitgefühl und Tierschutz – z. B. in Schulen, Moscheen oder Gemeindeveranstaltungen.
-Die Förderung respektvoller Haltung gegenüber Tieren im Alltag durch öffentliche Diskussionen und gezielte Aufklärung.
Diese Vorschläge verstehen sich nicht als Forderung, sondern als Einladung zum gemeinsamen Nachdenken – und als Impulse für Wege, wie Verantwortung und Mitgefühl in der Gesellschaft gestärkt werden können.
Für Rückfragen oder Austausch stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Pohlmann, VETO
Hilf mit, den Brief zu verbreiten:
- Lege ihn aus in Gemeinden, Moscheen oder Einrichtungen
- Teile ihn online oder in Gesprächen
- Reiche ihn weiter an Organisationen, die sich positionieren könnten
Gemeinsam gegen das Töten – für Tierschutz, Verantwortung und Dialog
Wir sind überzeugt: Nur wenn wir auch religiöse und kulturelle Stimmen einbinden, kann echter Wandel entstehen. Der offene Brief ist ein Schritt dahin – ruhig, respektvoll, aber entschlossen.
„Wenn religiöse und gesellschaftliche Stimmen sich klar positionieren, kann das ein starkes Signal senden – gegen das Töten, für ein respektvolles Miteinander von Mensch und Tier.“
Sarah Schonert, VETO-Team
Mehr zur Kampagne gegen Massentötungen in der Türkei
Der offene Brief ist Teil einer umfassenden Kampagne von VETO. Gemeinsam mit Unterstützerinnen und Unterstützern aus ganz Europa setzen wir uns für ein Ende der Gewalt gegen Straßentiere in der Türkei ein – mit Aufklärung, politischen Appellen, Spendenaktionen und Protestmaßnahmen.
Erfahre mehr über unsere Kampagne gegen die Massentötungen in der Türkei und hilf mit!